Samstag, 14. Februar 2009

Vor 30 Jahren - wir versanken im Schnee

Beim Aufräumen im letzten Jahr sind mir Aufzeichnung in die Hände gefallen, die ich während der 2. Schneekatastrophe innerhalb von 2 Monaten gemacht habe. Wer also lesen mag, was mich damals bewegt hat, hier sind die Originalaufzeichnungen. Ich habe lediglich die Personen unkennbar gemacht.

Dienstag, 13.2.1979

Ich ging gegen 19:20 mit meiner Mutter und unserer Nachbarin zur Gymnastik. Es schneite schon heftig. Es war mehr Eisschnee. Als wir um 20:45 zurückgingen, hatte ein stürmischer Wind eingesetzt, der uns jetzt hagelartigen Schnee ins Gesicht trieb. Ich dachte schon:“ Na, wenn das so weitergeht, fällt morgen die Schule aus.“ Nachts hörte ich den Wind, wie er den Schnee gegen mein Fenster trieb.

Mittwoch, 14.2.1979
Mein Vater weckte mich wie jeden Morgen um zehn vor sechs. Ein Blick nach draußen genügte und ich zog mich schnell wieder zurück. Beim Frühstück hörte ich Radio. Plötzlich eine Durchsage:“ Die Schule fällt aus in folgenden Kreisen:“ Dann folgten einige, bloß unser nicht. „Mist“, sagte ich und zog mich an. Schimpfend stapfte ich durch den Neuschnee. An der Bushaltestelle standen die anderen ebenso schimpfend. Wir überlegten, wo der Bus wohl nun stecken bleibt. Um viertel vor sieben kam Frau Z. und sagte, dass die Schule ausfällt. Kurz nach ihr kam auch schon mein Vater. Zu Hause wieder angekommen, legte ich mich ins Bett und schlief bis um halb zwölf. Den ganzen Tag schneite und stürmte es weiter. Abends wurde das generelle Fahrverbot bekannt gegeben. Um halb acht kam I. noch vorbei. Er langweilte sich genauso wie ich. Um viertel nach neun schmiss ich ihn dann raus. Um halb zwölf machte ich das Radio aus und schlief auch bald ein.

Donnerstag, 15.2.1979
Ich wachte gegen 9 auf und stand auch gleich auf. Mein Vater war schon zum Kaufmann unterwegs um Brot zu holen. Als er wiederkam erzählte er, dass dieses das letzte war. So gab es um zehn kein Brot mehr bei uns in L. Ich packte mich war an und ging mit meinem Fotoapparat bewaffnet los. Ich knipste die Schanze bei B., die ca. 2 m hoch war und quer über die Straße ging. Am Teich versuchten einige Männer Herrn W. durch den Schnee zu schieben. Er wollte Getränke zum Kaufmann liefern. Zum Schluß trugen sie die Kisten durch den Schnee in den Laden. Ich marschierte weiter die Straße entlang. Bei G. ging es nicht weiter. Eine Schanze ca. 2 m hoch, 7 m lang und 5 m breit machte ein weitergehen unmöglich. Doch ich stieg bei G. in den Garten, kam aber nicht sehr weit. Also kehrte ich um und ging nach Hause. Nachmittags holten mich 3 Freundinnen ab. Wir versuchten in den Nachbarort zu marschieren. Unmöglich! Nach einem Kilometer hatten wir genug und kehrten um. Manchmal sanken wir bis zur Hüfte ein.. Jetzt weiß ich, wie sich die Arktisforscher gefühlt haben. 3 Frauen aus dem Dorf waren zu Fuß in die nächste Stadt (ca. 6 km) gegangen, um Brot zu holen. Doch umsonst! Auch dort gab es kaum noch etwas. Den Bäckern fehlte die Hefe. Abends kam ein Frontlader und versuchte die Straßen vom Schnee zu befreien. Die Feuerwehr war mit Schaufeln im Einsatz bis zum nächsten Morgen.

Freitag, 16.2.1979
Mein Vater war erst gegen 4 Uhr morgens zu Hause und die letzten waren noch bis um zehn unterwegs. Nach G. war immer noch kein Durchkommen. Der BGS wollte mit Lastwagen dorthin, musste aber über einen Nachbarort ausweichen. Ab und zu seh oder hör ich Autos, die aber alle wieder umkehren. Gegen 15:15 kam das Schneeräumfahrzeug aus Richtung G. Fahrverbot besteht aber immer noch, sogar für Versorgungsfahrzeuge, doch die können sich eine Sondergenehmigung aus der Kreisstadt holen. Vorhin brauch sogar die Sonne für ein Viertelstündchen durch. Auch der Tankwagen aus Berlin, der Milch aus G. holt, hat sich wieder angefunden. Abends wurde ein Schauffellader angefordert, aber der musste erst noch einen anderen Ort befreien. Dort waren es etwa 300 m, die noch nicht geräumt waren. Kurz zuvor wurde eine Telefonlawine gestartet, dass der Bäcker morgen von 12 bis 14 Uhr kommt. Knapp 60 Anschlüsse gibt es bei uns, also einen auf 6 Bewohner.

Sonnabend, 17.2.1979
Seit heute morgen fahren Feuerwehrautos, BGS-Wagen und Tankwagen. Fahrverbot besteht aber immer noch . Heute Nachmittag wehte ein scharfer Ostwind und es fing wieder an zu schneien. Beim Bäcker war ein Massenansturm. Jeder kaufte, als ob er kurz vorm Verhungern wäre. Naja, wer weiß, wann man wieder fahren darf und wann es entgültig aufhört zu stürmen. Ich will Sommer!

Sonntag, 18.2.1979
Heute sind wir zu viert die 5 km nach G. gegangen. Die Strecke ist frei, aber noch ziemlich vereist. Morgen ist wieder Schule. Da haben wir uns bestimmt viel zu erzählen. Eigentlich sind wir ganz gut davon gekommen – kein Stromausfall und wir hatten es immer warm. Mal gucken, wann es wieder soviel schneit.

1 Kommentar:

Lisabeth hat gesagt…

oh ich kann mich noch gut erinnern..... und das blödeste war, dass wir im Oktober umgezogen sind nach Lohne, wo ich zur Shcule ging. Das Dorf, wo wir vorher gewohnt hatten, lag auf einem "Berg" und die waren fast 2 Wochen abgeschnitten... ud die Schükler hatten Sonderferien. Ich war damals 17....

lG Lisabeth